Die Nachtluft war kalt und schmeckte nach Moor und Frost, obwohl ich durch den Kern Moenia's wanderte. Es gab nicht viele Jahreszeiten auf diesem Planeten, und zumeist wechselte sich strahlender Sonnenschein mit kaltfeuchtem Wetter ab, aber das war es auch schon an Gezeiten. Die wenigen Bäume die die Promenade schmückten verloren ab und an braune Blätter, auf denen die Feuchtigkeit wie ein pelziger Film glitzerte, und die in ihrem nassen Gewicht praktisch sofort auf den hellen Steinen des Wegs kleben blieben. Morgen früh würde kein einziges Blatt mehr hier herumliegen, dazu war das gepflegte Aussehen zu wichtig für die Touristenmagneten, die hier ihre Geschäfte eingerichtet hatten, aber in diesem Moment konnte ich auf meinem Weg noch etwas wie Natur genießen.
Ich hasste die künstliche Sauberkeit, die in diesem Teil von Moenia so verbreitet schien, umso mehr liebte ich die Wege bei Nacht, wenn ich mich diebisch darüber freuen konnte, dass alles vollgesaut wurde, und mir nicht selten ordentlich Mühe gab, das Laub zwischen die Fugen der schweren Pflastersteine zu treten.
Zum Himmel sah ich nicht auf, auch wenn der Wind eine sternenklare Nacht versprach. Ich sah nie zum Himmel auf, er machte mich in regelmässigen Abständen melancholisch oder aber rebellisch, und beides waren Eigenschaften, die ich mir beileibe nicht mehr leisten konnte.
Mein Weg hatte natürlich ein Ziel, einen Auftrag den ich zu erfüllen hatte, aber ich trödelte auf meinem Weg gerade so sehr dass es nicht auffallen würde, und mein Herr darüber hinwegsehen konnte wenn ich einige Minuten länger brauchte als er errechnet hatte. Die meiste Zeit meines Lebens verbrachte ich in den unteren Stöcken seines Hauses, und auch wenn er es nie zugegeben hätte, so fiel ihm durchaus auf, wenn ich begann einen Hauskoller zu entwickeln und praktisch die Wände hinaufzuwandern vor Unruhe.
Früher hatte er mich dafür oft bestraft wenn ich diese Art von unüblicher Aufsässigkeit zeigte, hatte mir den Rücken mit der Peitsche gegerbt bis die Narben ähnlich kleiner Gebirgszüge auf meiner Haut wuchsen, doch im Laufe der Jahre hatte er eingesehen, dass es sich bei meinem explosionsartigen Rebellionsanfall nicht um Aufsässigkeit handelte. Nichts wäre mir ferner gewesen, als meinem Herren zu widerstreben, der Gedanke allein erschien mir wie reiner Wahnsinn, Verrat. Nein, wie wir beide feststellen hatten müssen, handelte es sich dabei um eine weitere meiner Macken, die mich unverkäuflich machten, wie mein Herr behauptete "verkrüppelt" im Kopf. Kurz gesagt, ich war zu wahnsinnig um einen Käufer für mich zu finden, der mich nicht nach kurzer Zeit beseitigen lassen würde. Sperrte man mich zu lange ein, wurde ich hysterisch und gewalttätig, so simpel war es.
Inzwischen hatte mein Herr aus diesem weiteren Fehl an meinem Verhalten allerdings eine Tugend gemacht, und ob ich es wollte oder nicht, sobald ich begann unruhig zu werden und mich auch nicht mit Fesseln abstellen ließ, fand er Aufträge für mich aus denen er Profit schlagen konnte.
Dies war der Grund für meine nächtliche Wanderung, und auch wenn mein Auftrag mich weder glücklich machte, noch irgendeine Art von Vorfreude empfand, so genoss ich doch die frische Luft und die Illusion von.. Grenzenlosigkeit um mich.
Ich warf einen kurzen Blick auf das Datapad das mein Herr mir mitgegeben hatte, damit ich meinen Weg finden konnte, und betrachtete einige Momente stirnrunzelnd die abgebildeten Gassen und Gebäude der Landkarte, sowie die gestrichelte blinkende Linie, der ich zu folgen hatte. Zumindest Kartenlesen hatte er mir beigebracht, sonst wäre ich wohl selbst mit der Hilfe des Datapads relativ nutzlos gewesen, aber die vorgezeichnete Linie durfte ich trotzdem nicht verlassen, nicht einmal wenn die Hölle sich vor mir auftat. Der kleine aufgeklebte Sender am Höcker meines Hinterkopfes - geschickt unter der Frisur verborgen, die mein Herr mir konzentriert aufgekämmt hatte - erinnerte mich stets daran, welche Schmerzen mich erwarteten, wenn ich mich diesen Anweisungen widersetzte. Die Leistung des gerade mal Wachteleigroßen Senders hätte vermutlich auch ein Bantha vor Schmerzen zusammenknicken lassen, und ein Stromstoß direkt am Hirn konnte bis zu einer Woche rasendes Kopfweh hinterlassen. Kurz gesagt, ich wäre das Risiko nicht einmal eingegangen, wenn ein rasend gewordener Rancor auf mich zugepoltert wäre.
Drei Gassen noch, dann wäre ich an der kleinen, in einer Hintergasse versteckten Spelunke. Nasekräusend packte ich das Datapad wieder in meine Manteltasche, und grub die Hände hinterher, um sie warm zu halten. Dort würde ich Sie treffen.
Ich wusste nicht genau, was Sie getan hatte, oder warum gerade Sie ausgewählt worden war, aber ich hatte ein Bild, eine genaue Beschreibung ihres Verhaltens, und eine tagelang aufstudierte Choreographie des Folgenden erhalten, an die ich mich krampfhaft zu halten versuchte, als die Türe der kleinen, verrauchten Bar zischend vor mir aufging und mich verschluckte. Trotzdem das Lokal vergleichsweise klein war, schienen sich die Gäste hier zu stapeln, und der Rauchgeruch verriet mir auch schnell warum. Offensichtlich wurde hier ausgiebig einer der dutzenden Formen von Spice zugesprochen, und dementsprechend misstrauisch waren die Blicke der bereits anwesenden Gäste, als ich etwas erschlagen von den vielen Eindrücken einige Momente an der Türe verharrte.
Manchmal wünschte ich mir, ein Anderer zu sein, ein andres Verhalten zu haben, oder nur andere Probleme, während ich krampfthaft dem Fluchtreflex widerstand, der mich beim Anblick der vielen Fremden heftig schüttelte. Mit einem gepressten Ausatmen ballte ich die rechte Hand um das kleine stählerne Päckchen in meiner Manteltasche, und senkte rot anlaufend den Blick, während ich einem Mantra gleich immer wieder betete, dass mein Herr recht behalten würde.
Sie werden dich für einen Grünschnabel halten, der seine ersten Spicer-Erfahrungen machen will. Sieh einfach niemanden direkt an, und tu schrecklich verschüchtert und verlegen, aber auch neugierig, dann beachtet dich keiner großartig.
Dreissig Sekunden vergingen und zerrten dabei an jedem Stückchen Nerven das ich hatte, bis mich nur noch der Wille, nicht kotzend vor Schmerzen in der Gasse zu liegen, während der Sender weitere Schmerzimpulse durch meinen Körper jagte, an Ort und Stelle hielt. Mein Herr hatte schon gewusst, warum er gerade dieses grausame Mittel verwendet hatte, um mich auf dem Weg zu halten, und als schliesslich die meisten der Gäste fortblickten, stolperte ich mit erleichtertem Ächzen und hochgezogenen Schultern tiefer in den Gastraum. Unzählige Schuhpaare zogen an mir vorbei, während ich mit tiefgesenktem Blick durch die Tische und Bänke schlich, unfähig aufzublicken. Wie ich schon erwähnte, ich hatte viele Macken, aber mein Herr war erfinderisch wenn es um meine Anweisungen ging, und so hielt ich verkrampft herumschleichend Ausschau nach meinem Ziel.
Sie trägt gelbe Pumps, teuer, glänzend, an den Seiten ist das Leder mit gestreckten Schlangen geprägt. Niemand sonst würde so etwas grausiges tragen, du kannst dich also nicht irren.
Es kostete mich knapp zehn Minuten, bis das erwähnte Schuhpaar vor mir auftauchte. Sie saß an der Theke in der Ecke, ein Bein über das andere geschlagen, sodass ihre glattrasierten Beine nur noch von der durchsichtigen Strumpfhose bedeckt wurden. Langsam ließ ich meinen Blick von den sicher sündteuren Schuhen über ihre äusserst wohlgeformten Beine höher wandern, und stellte auf halbem Weg fest, dass sie offensichtlich nicht nur bei den Schuhen Wert auf Qualität legte; das seitlich geschlitzte Cocktailkleid - auch gelb, ein angenehmer, warmer Ton - saß nicht nur wie maßgeschneidert, sondern schien auch aus einem der teureren Synthetikstoffe zu bestehen. Silberne Reflexionen folgten den Falten mit jeder Bewegung die ihr Körper machte, und das Kleid saß eng genug, dass selbst ihr Atem diese unglaublich fesselnden Lichtreflexe auslöste.
Wie betäubt hob ich den Blick weiter, und sah direkt in ihr etwas spöttisches Lächeln. Nun gut, den Blick hatte ich durchaus verdient, ich musste sie mindestens fünf Minuten lang mit offenstehendem Mund angestarrt haben, andererseits ärgerte es mich dass sie so selbstsicher schien. Mit einem innerlichen Schnauben rüffelte ich mich im nächsten Moment selbst. Zurück zum Auftrag du blöder Idiot!
Ich zwang ein Lächeln auf meine Lippen, das wie ich wusste absolut echt aussah für jeden der nicht mein Herr war, und trat mit angemessener Zurschaustellung von Nervosität und Schüchternheit näher, mich räuspernd.
"Bitte verzeihen sie, dass ich sie so angestarrt habe, aber ihr Kleid ist atemberaubend schön!"
Gut, es war nicht die Zeile, die mein Herr mir aufgetragen hatte, aber ich wusste dass er nicht nur zuhörte, sondern auch soweit Vertrauen in mich legte, dass ich trotzdem versuchen würde, seinen Auftrag so zu erledigen wie er es sich ausgedacht hatte. "Sie sind Marsailis Connory, richtig?"
Ihre Hand schnappte nach meinem Kragen wie ein zorniger Fisch nach einer Mücke, und ich konnte das normale nervöse Zucken nicht unterdrücken, dass jegliche Art von harschen oder raschen Bewegungen an mir auslöste. Ihr jedoch schien meine Angst durchaus zu gefallen, was sie jedoch nicht daran hinderte, mich näher zu zerren und leise zu zischen "Blök meinen Namen vielleicht noch lauter raus du Dummkopf, dann lädt vielleicht einer der netten Leute hier noch die Polizei zu unserem kleinen Reigen ein!" Dann stiess sie mich mit einem Ruck etwas zurück, und bestarrte mit gewisser Genugtuung, wie ich vor Einschüchterung etwas zusammenschrumpfte. Gut, mit dieser Art von Schauspiel hatte ich noch nie ein Problem gehabt, aber auch das konnte sie nicht wissen. "Was willst du also, Kleiner?"
Ich musste mich dreimal räuspern, bis ich zur Sache kommen konnte, und wisperte "Ich hab.. hab fünftausend Creds hier, ist mein erstes Mal." Einen Moment lang hörte ich das mahnende Echo meines Herren in meiner Erinnerung, der mich gewarnt hatte, dass dies der kritische Moment sein würde. Glaubte sie mir nun nicht dass ich so dumm sein könnte mit soviel Geld aufzutauchen, würde sie einfach verschwinden, und ich würde büßen müssen. Ich hielt die Luft an, warf ihr meinen überzeugtesten Verlegenheitsblick zu, und hoffte.
Sekunden lang geschah nichts, dann sah ich etwas in ihren Augen blitzen, etwas Dunkles, Wohlbekanntes. Gier. Es beunruhigte mich etwas, diesen Blick nicht in Bezug zu Sex zu sehen, aber andererseits schien der Gedanke an Geld durchaus etwas wie Sex für Marsailis zu sein.
"Ah, jetzt sprichst du meine Sprache Kleiner. Trinken wir ein Bier zusammen und tun so als würden wir richtig aufeinander abfahren, und dann gehen wir wohin wo du dir dein erstes Mal gut einprägen kannst ohne Angst haben zu müssen." Sie lächelte dabei so warmherzig und gewinnend, dass jeder andere Idiot in meinem Alter sofort an seine Mutter gedacht hätte, obwohl diese Dealerin keinesfalls älter als achtundzwanzig sein konnte.
Marsailis bestellte zwei Bier, und ich musste sehr mit mir kämpfen es auch zu trinken, trotz des Verbotes meines Herren, Alkohol zu konsumieren. Aber das hier war für einen guten Zweck, das würde er sicher verstehen, abgesehen davon schien Marsailis über die Maßen belustigt davon zu bemerken, dass ich wohl auch keine Erfahrung mit anderen Lastern zu haben schien. Wir plauderten exakt zwanzig Minuten über Belanglosigkeiten, dann tuschelte sie mir ein "Komm mit" ins Ohr, warf mir einen für unser Publikum sicher aufreizend wirkenden Blick zu, und stöckelte hüftschwingend zum Ausgang, während ich ihr eilig hinterherhuschte, den Kopf wieder nervös gesenkt. Eine eindeutig perfekte Show.
Marsailis führte mich in ein Gebiet das ich nicht kannte, aber ich wusste dass mein Weg ab jetzt auf dem Datapad meines Herren gespeichert werden würde, und als Grüne Linie meiner Rettung den Weg zeigen würde, und folgte ihr so dichtauf, und ohne mich sonderlich umzusehen. Mein scheinbares Vertrauen in sie schien ihr noch besser zu gefallen, und als sie mich in ein verlassenes Lagerhaus geführt hatte, in dessen kleinem Büro eine Matratze auf dem Boden lag, ließ sie sich ohne Umstände auf dem kleinen Hocker nieder, der vor einem ebenso kleinen und alten Schreibtisch stand. Wieder war ein Teil meines Auftrags erledigt, ich hatte ihr Vertrauen darin gewonnen, dass ich nichts als ein junger, ahnungsloser Narr war. Sie befürchtete keine Verfolgung. Nun allerdings kam der härteste Teil für mich.
Wortlos summend packte Sie ein ledernes Etui aus ihrer Tasche, zippte es auf, und offenbarte ein komplettes Spritzenset samt Desinfektionsspray und einem kleinen Fläschchen, in dem sich meiner Überlegung nach wohl das Spice befinden musste. Ich spürte Nervosität in meinem Magen aufsteigen, und obwohl ich äusserlich wohl kein bisschen eingeschüchterter als vorher wirkte und vermutlich sogar relativ gefasst aussah, war mein hastiges Schlucken nichts anderes als mein Kampf dagegen, mich vor Angst zu übergeben. Wo blieb mein Herr?!
Still musste ich mitansehen, wie sie die Spritze aufzog, bereitlegte, und mich anlächelte. "Los, runter mit dem Mantel." Ich gehorchte, und für einige Momente betrachtete sie mein langärmliges Hemd als würde sie ihre Chancen abwägen, und schnurrte dann "Und das Hemd auch aus, mein Lieber." Ich ächzte innerlich und musste ein weiteres Mal schlucken, folgte ihrer Anweisung jedoch mit gedankenlosem Gehorsam. Mitspielen bis mein Herr kam, so lautete der Befehl.
Ich hörte ihr erstauntes "oh" vom Hemdstoff gedämpft, und wusste sie hatte mein Nippelpiercing mit der Sklavenmarkierung gesehen. Einen Moment verharrte ich reglos, wartete auf hastig flüchtende Schritte, dann aber sagte sie aufmunternd "Nur runter damit. Ist dein Geld sauber oder hast du es gestohlen?" Ich zog das Hemd von mir und ließ es langsam neben mich fallen, während ich aus den Augenwinkeln zu ihr linste und ihr lächelndes Gesicht, die lüsternen Augen sah. "Absolut sauber. Ich hab' auch eine Eigentumsurkunde von der Bank mit, es ist ehrlich verdient." Sie nickte, und hielt die Hand auf um die Urkunde in Empfang zu nehmen die ich überhastet aus meiner Hosentasche pfriemelte, und betrachtete sie einige Momente bevor sie nickte, und grinste. "Mal was neues, ein Sklave der sich nicht freikauft sondern lieber zudröhnt.." Alles was ich darauf erwidern konnte war ein verlegenes Lächeln, das nur kurz darauf einen lasziven Geschmack bekam, als ich wieder zu der Spritze sah. "Ich muss wissen wie es ist, aber mein Herr darf davon nicht erfahren, verstehst du?"
Ich beobachtete, wie sich hinter ihren Augen ein neuer Plan formte, und reichte ihr die kleine stählerne Box aus meiner Manteltasche, von der ich wusste dass darin das Geld war. "Na dann, leg dich mal auf die Matte Kleiner. Nicht dass du beim ersten Rausch umkippst und dir was aufschlägst." Ein aufforderndes Nicken ihrerseits verfrachtete mich auf die Matratze, und sie schlüpfte aus ihren teuren Pumps und knietet sich vorsichtig neben mich. Dabei beugte sie sich zufällig soweit runter, dass ich einen Blick in ihren Ausschnitt werfen konnte, was ich ihr zuliebe auch entsprechend ausnutzte.
"Du wirst jetzt einen kleinen Stich fühlen, und danach ein Brennen, aber das vergeht schnell, keine Sorge." Ich nickte zum Zeichen, dass ich es verstanden hatte.
Die Nadel bohrte sich rasch und zielsicher in meinen Handrücken, und kurz darauf setzte ein sachtes Brennen ein, das meinen Arm gemächlich hochkroch und mich in seiner Sanftheit überraschte. Nichts im Vergleich zu anderen Schmerzen, die mein Herr mir ohne Vorwarnung tagtäglich zufügte, und auf jeden Fall verkraftbar.
Im nächsten Moment allerdings schien es, als würde ich aus meinem Körper fallen und dabei in einen tiefen Schacht gleiten, der sich unter meinem Körper auftat, und die Welt entfernte sich, wurde schwammig. Ich fühlte gerade noch ihre Hand, die in meinen Schritt glitt, und hörte ihr Gurren. "Wir beiden werden viel Spass miteinander haben, das verspreche ich dir.."
Dann wurde es finster um mich, und ich bestand nur noch aus Gefühl, und nicht mehr aus Erinnerung.
Freitag, 23. Oktober 2009
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